Entscheidend für die Mobilität von morgen: Fahrrad statt Auto fahrende Kinder und Eltern

Naviki-Interview: Angela van der Kloof

In den Niederlanden und international gilt sie als eine der etabliertesten Fahrrad-Expertinnen. Wir sprachen mit Angela van der Kloof über entscheidende Themen der Radverkehrspolitik und fragten sie nach Fahrrad-Highlights in ihrem Alltag.

Naviki: Was war in letzter Zeit Dein ungewöhnlichstes persönliches Fahrrad-Erlebnis?

Angela van der Kloof: Ich habe kürzlich angefangen, mit längeren Wegen zur Arbeit zu experimentieren. Zum Beispiel bin ich von meinem Wohnort in den Nieder­landen mehr als 100 km zu einem Meeting nach Belgien gefahren. Die Strecke habe ich an einem Sonntag zurückgelegt. Am Montag hatte ich dann den Termin. Auf dem Rückweg bin ich zur Hälfte mit dem Zug gefahren. So etwas hatte ich vorher nie ausprobiert und es hat mir großen Spaß gemacht.

Welche allgemein übertragbare Maßnahme, mit der sich die Bedingungen für das Radfahren effektiv verbessern lassen, fällt Dir spontan ein?

Da kommen mir als erstes sichere Schulzonen in den Sinn. Kinder sind eine riesige Zielgruppe für den Radverkehr, weil sie täglich viele kurze Strecken zurücklegen. Wenn nun Eltern und Kinder per Fahrrad zur Schule fahren, ist das nicht nur gesundheitlich sinnvoll. Es ist auch gut für die Verkehrssicherheit aller Kinder! Sobald Kinder einmal routiniert Fahrrad fahren, haben sie eine gute die Basis für ihr späteres Mobilitäts­verhalten.

Was sind aus Deiner Sicht die drei wichtigsten Ansätze, mit denen der Radverkehr global einen deutlichen Schub erhalten würde?

Als erstes sollten Städte und Gemeinden ein sicheres, geschlossenes und komfortables Radverkehrsnetz um­setzen. Zweitens sollte die Politik die Verkehrsregeln so anpassen, dass der Radverkehr als separate Kategorie gehand­habt wird. Auf diese Weise lassen sich Rad­fahrende effektiv vor dem motorisierten Verkehr mit seinen hohen Geschwindigkeiten und großen Gewichten schützen. Mein dritter Punkt zielt auf das Image ab, das wir vom Radverkehr, von Radlern und von Fahrrädern haben. Wir sollten Geschichten erzählen, die die ganze Vielfalt des Radverkehrs abbilden. Das würde zum Beispiel Kinder- und Seniorenräder, Falt- und Lastenräder, Tandems, Trikes, Fahrradtaxis, Lieferräder und Anhänger einbeziehen. All diese Räder lassen sich mit Elektroantrieb und Navigation ausstatten. Menschen jeglichen Alters und Geschlechts mit unter­schied­lichstem ethnischen und sozialen Hintergrund können per Fahrrad pendeln, einkaufen, Freunde besuchen, sich erholen und Spaß haben. 

Wird es zudem nötig sein, das Autofahren weniger attraktiv zu machen, um den Umstieg auf das Fahrrad zu fördern?

Um die Wettbewerbssituation für das Fahrrad zu ver­bessern, sollten wir ein Umfeld schaffen, in dem das Auto nicht das Standard-Verkehrsmittel ist. Wenn das Autofahren weniger attraktiv ist, ergibt sich daraus eine günstigere Situation für das Fahrrad. Technisch gesehen ist das einfach machbar. Die tatsächliche Heraus­for­der­ung liegt darin, solche Dinge politisch auf den Weg zu bringen.

Vielen Dank, Angela!

Über Angela van der Kloof

Angela van der Kloof ist Trainerin, Rednerin und Wissenschaftlerin. Sie ist auf Radverkehrsplanung und -pädagogik spezialisiert und untersucht zurzeit das Potenzial von E-Bikes und Lastenrädern für Haushalte, Unternehmen und Städte. Sie hat einen Hintergrund in Sozialgeografie und als Lehrerin und wirkte in zahlreichen lokalen, nationalen und internationalen Projekten mit. Neben ihrer Tätigkeit für Mobycon arbeitet sie an ihrer Promotion über formelle und informelle Radverkehrserziehung in den Niederlanden. Ihr Ziel: eine Inspirationsquelle sein und Menschen zum vernetzten Arbeiten anregen. Radverkehr und das Fahrrad sind für sie auch Werkzeuge, mit deren Hilfe sich Partizipation und soziales Miteinander unterschiedlichster Gruppen gestalten lassen.

    

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