Nur das Fahrrad wird unsere Städte retten
Naviki-Interview: Ute Symanski
Dr. Ute Symanski ist davon überzeugt, dass Städte für Menschen gebaut werden müssen, statt für Autos. Sie ist Vorsitzende des gemeinnützigen RADKOMM e.V. in Köln und Vertrauensperson für die Volksinitiative Aufbruch Fahrrad. 2009 gründete sie mit Freund*innen die Kölner Wählergruppe DEINE FREUNDE, die u.a. für mehr Mitbestimmung und aleatorische Verfahren auf kommunaler Ebene eintritt.
Naviki: Nachdem Sie sechs Jahre in der Kommunalpolitik von Köln aktiv waren, haben Sie 2015 den Verein Radkomm e.V. gegründet – was genau macht der Verein?
Ute Symanski: In einem Satz könnte ich Antworten: RADKOMM ist ein Think-Tank für nachhaltige urbane Mobilität. Wir veranstalten seit 2015 einmal im Jahr den Kongress RADKOMM. Und wir bringen das ganze Jahr über Menschen zusammen, die sonst nicht unbedingt zusammen kämen: Entscheider*innen in Politik und Verwaltung mit Bürger*innen mit Expert*innen mit Aktivst*innen. RADKOMM ist deshalb auch eine Austausch- und Kommunikationsplattform.
Welche Herausforderungen müssen gemeistert werden, um Fahrradmobilität einen deutlichen Schub zu verleihen?
Nur das Fahrrad wird unsere Städte retten – vor schlechter Luft, Lärm, Platzmangel, Versiegelung, Aggression. Die größte Herausforderung ist, diese Erkenntnis den Entscheider*innen in Politik und Verwaltung nahezubringen. Wenn die in diesem Sinne ihr Mindset ändern, geht alles andere von allein.
Sie haben ja auch die Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad" ins Leben gerufen – was sind die wichtigsten Ziele?
Erstens wollen wir den Politiker*innen im Land beweisen, wie viele Menschen sich eine andere Mobilitätspolitik wünschen. Aufbruch Fahrrad ist also ein Ermutigungsprogramm für Politiker*innen. Zweitens wollen wir eine zivilgesellschaftliche Plattform schaffen und Akteure aus Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Umweltschutz, Mobilität oder generell aus der Zivilgesellschaft miteinander vernetzen. Drittens machen wir „Agenda Setting“, das heißt, wir bringen das unsere Forderung nach 25% Radverkehrsanteil ins Land, sprechen mit Menschen, machen Medienarbeit.
Stoßen Sie auch mal an Grenzen, wenn ja, wie bleiben Sie motiviert und zielstrebig?
Ja, ständig. An zeitliche Grenzen, denn all das Engagements ehrenamtlich und nebenberuflich. Mangelnde Offenheit in den Köpfen vieler Politiker*innen oder Menschen in der Verkehrs- und Stadtplanung ist eine Grenze, ebenso verhärtete Fronten. Es ist leicht, motiviert und zielstrebig zu sein in diesem Team an Menschen, die für dieselbe Sache brennen. Wertschätzung und Respekt im Team motivieren. Und all die unzähligen Gespräche mit den Menschen auf der Straße, die für Aufbruch Fahrrad unterschreiben. Von denen bekommen wir sehr viel Dank und Anerkennung und das zeigt, dass wir einen Nerv treffen.
Wie kann man Ihre Projekte unterstützen, was kann ich als Radfahrer*in konkret tun?
Zunächst: Unbedingt und so schnell es geht selbst unterschreiben und möglichst viele Menschen im eigenen Umfeld bitten, ebenfalls zu unterschreiben. Wir haben die Mindestzahl der 66.000 Unterschriften längst erreicht, und wir wollen mehr. Und bitte unbedingt bei Sternfahrten und ähnlichen Aktionen mitradeln. Und natürlich Aufbruch Fahrrad in den Social-Media-Kanälen verbreiten und möglichst vielen Menschen davon erzählen.
Wenn Sie mal nicht für mehr Fahrradmobilität kämpfen – was tun Sie leidenschaftlich gern in Ihrer Freizeit?
Mich für aleatorische Verfahren in der Kommunalpolitik engagieren (lacht).
Vielen Dank für das Interview Ute Symanski!
Über Ute Symanski
Dr. Ute Symanski ist Organisationsberaterin für Städte, Kommunen und Wissenschaftsorganisationen. 2009 gründete sie die Wählergruppe "DEINE FREUNDE" in Köln, die für eine alternative Politik und mehr Mitbestimmung auf kommunaler Ebene eintritt. Ein Schwerpunktthema der Wählergruppe ist die Verkehrswende – weshalb DEINE FREUNDE 2015 die RADKOMM erfand. Ute war 2014 und 2015 im Kölner Stadtrat und im Verkehrsausschuss der Stadt Köln. Sie ist Mitbegründerin der RADKOMM und seit November 2017 Vorsitzende des Radkomm e.V. Im Juni 2018 meldete Ute Symanski die Volksinitiative "Aufbruch Fahrrad" in NRW an. Ziel ist, 25% Radverkehr in NRW zu erreichen.